Gedichte
Parallelen
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Parallelen
Tastend,
suchend, strauchelnd,
wie das Kind
zum Abschied von der Kindheit,
mutet das Jahr an,
wenn der Winter sich neigt.
Hin- und hergerissen,
launisch, lausig.
Randvoll mit Hoffnungen, Plänen
und Visionen
schleudert ihr um Euch,
mit Versprechungen.
Gespannte Ungeduld.
Riesig, rastlos
wie Eure Ansprüche
und Träume.
Die Mimik
wechselt
unberechenbar,
zwischen kargem Grau
und lebendigem Bunt.
Kalte Güsse
sind schwer zu ertragen!
Eigentümliche Charaktere.
Einzigartig!
März
Boten im Frühling
verschwenderisch violett
vergnügliche Gesellschaft
Paradoxie der Glocken
Sie künden die Stunde
tom tom tom tom tom
ruhig bedächtig
klingendes Sinnbild
für Verlässlichkeit
in unbeständiger Zeit
eine Einladung
zum Innehalten
aber im Alltag
lösen sie Eile aus
Zeitnot und Hast
mahnend
die Stunde schlägt
die Zeit vergeht
tom tom tom tom tom
So anders ihr Anblick
langsam behäbig schwer
die Melodie
harmonisch und klangvoll
in Jubel
und in Trauer
schwingen sie ihre Pflicht
hin her hin her
keiner Eile Opfer
Holunder
Wahrheit
Ich war vierzehn, da sah ich,
im Holunder aß eine Amsel
von den Beeren der Dolde.
Gesättigt flog sie zur Mauer
und strich sich an dem Gestein
einen Samen vom Schnabel.
Ich war vierzig, da sah ich,
auf der geborstenen Betonschicht
wuchs ein Holunder. Die Wurzeln
hatten die Mauer gesprengt.
Ein Riss klaffte in ihr,
bequem zu durchschreiten.
Mit splitterndem Mörtel
schrieb ich dabeben: "Die Tat
einer Amsel".
Wolfdietrich Schnurre
Die blauen Fernen
Fernab der Meere und der mächtgen Ströme
liegt meine Hügelheimat hingebreitet;
mit jeder Wendung, Steigung, die ich nehme,
wird mir der Blick auf neue Höhn geweitet.
Was braucht es Meere,wenn uns Wald und Wiesen
und Feld und Felsen und die blauen Fernen
wie Wellenberge, Wellentäler fließen,
den Schritt beflügeln und das Herz erwärmen?
Die Luft ist rein, mit Duft und Kraft geladen,
die Glieder und den Geist mir zu verjüngen;
und winters werden Schnee und Nebelschwaden
des Eismeers Zauber in die Berge bringen.
Christina Egan
Ränder
Manchmal muß einer fortgehen,
um allein zu sein
mit Himmel
und Wasser
und sich selbst.
Dann kann er zurückkehren
und weitermachen,
wenigstens
für eine Weile.
Er hat die Wellen gesehen.
Er hat den Himmel gesehen -
und auch die Ränder
der Wolken:
Lichtränder.
Elke Langstein-Jäger
Wieder ein Neues
Es geschieht
man kommt an eine Punkt und
möchte den Kopf
auf "Betriebseinstellung" zurücksetzten.
Leer werden.
Neu beginnen.
Eine Herausforderung, eine Chance!
Sie kann gelingen mit
Mut, Humor und Zuversicht.
Sehnsucht
Nasser, kalter Sturm
kommt sie je zurück
die warme, helle Zeit?
Herbst
Es knospt
Es knospt
unter den Blättern
das nennen sie
Herbst
Hilde Domin
Juni
She loved the sea.
She liked the sharp salty
smell of the air, and the
vastness of the horizons
bounded only by a vault of
azure sky above.
It made her feel small, but
free as well.
- George R.R. Martin,
A Storm of Swords
Neubeginn
Der Kalender im
Papierkorb.
Spur
eines Jahres.
Zerknüllt.
Erledigt.
Unvergessene Wurzeln,
Basis für
alles Kommende.
Ein neuer Kalender,
Tage, Wochen, Monate,
- Ungewissheit.
Ein Neubeginn!
Herbsttag
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Rainer Maria Rilke
Sommer
Sommer
Leuchtende Ähren
Bewegte Luft bringt Kühlung
Helle, leichte Zeit
Regentag
Regentag
CR
Dunkle,
graubraunschwarzlilakarierte
Regenschirme
sind bedrückend
an trüben Regentagen.
Bunt sollen sie sein!
Farbtupfer in allen
erdenklichen Fantasiemustern!
Lustige, gesprenkelte,
nasse Stadt,
freundlicher Regentag!
Und wieder ein Frühling...
Silbergeflüster mit Goldschimmer
glitzernd funkelnd changierend
eben noch kalt und
hart gefroren
spritzt in die Tiefe
gluckert quasselt plätschert
aus jeder Fuge
aus allen Poren
Quelle Rinnsal Bach Fluss See
so viel Wasser
so viel Leben
alles fließt
es ist wieder Frühling